Der Tattoosammler                                                               ***WERBUNG***

 

Als die Tattoo-Künstlerin Marni Mullins in Brighton eine blutige Leiche entdeckt, ist ihr erster Impuls, den schrecklichen Anblick so schnell wie möglich zu vergessen. Doch das ist unmöglich, denn nach einem zweiten grausamen Mord bittet Detective Francis Sullivan sie dringend um Hilfe: Der Serienkiller schneidet seinen Opfern Tattoos vom Leib, und Marnis Kenntnis der Szene ist Francis‘ beste Chance, den brutalen Mörder zu identifizieren. Doch Marni möchte seit einem schlimmen Vorfall in ihrer Vergangenheit nie wieder mit der Polizei zu tun haben – und beschließt, den Tattoo-Sammler selbst zu jagen, bevor ein weiterer Unschuldiger Opfer seiner scharfen Messer wird …

 

 

Das Buch ist mal wieder ein Richtig guter Thriller mit allem was dazu gehört.

Zu Anfang lesen wir erstmal die Sicht des Täters, die da schon nix für schwache Nerven ist. Es ist schon recht Blutig und Brutal.

So zieht es sich aber durch das ganze Buch es ist super Flüssig und detailliert geschrieben und auch die Blutigen Stellen sind detailliert geschrieben.

Man kann auch gut mitfiebern wer ist der Mörder und die Spannung wird so recht gut durchgehend gut aufrecht gehalten.

Mit den Protagonisten bin ich auch gut klar gekommen sie sind Super beschrieben und alle Charaktere passen super in die Geschichte.

 

Leseprobe

 

Ich schäle das blutdurchtränkte T-Shirt vom Rücken des bewusstlosen Mannes und enthülle ein spektakuläres Tattoo. Die Fotokopie, die ich aus meiner Tasche ziehe, ist zerknittert, aber dennoch gut genug, um das Bild darauf mit dem auf seiner Haut abzugleichen. Im trüben Licht der Straßenlaterne erkenne ich, dass es sich um dasselbe Motiv handelt. Ein rundes polynesisches Tattoo in tiefschwarzer Tinte schmückt die linke Schulter des Mannes, in dessen Mitte ein kompliziertes, finster blickendes Stammesgesicht prangt. An den Seiten breiten sich zwei stilisierte Flügel aus, einer erstreckt sich über das Schulterblatt des Mannes, der andere über die linke Brusthälfte. Alles ist voller Blut. Die Bilder sind identisch. Ich habe den richtigen Mann erwischt. Der Puls an seinem Hals ist noch zu spüren, aber er schlägt so schwach, dass er mir sicher keine Probleme bereiten wird. Ich muss meine Arbeit unbedingt erledigen, solange sein Körper noch warm ist. Kühlt er ab, verliert die Haut an Elastizität, und das Fleisch wird starr. Das erschwert die Arbeit, und ich kann mir keine Fehler erlauben. Natürlich fließt beim Häuten eines lebenden Körpers sehr viel mehr Blut als bei einem toten, aber das macht mir nichts aus. Mein Rucksack liegt ganz in der Nähe, ich hatte ihn abgesetzt, bevor ich den Mann ins Gebüsch zerrte. Ich hatte leichtes Spiel  –

 

wie immer war der kleine Park um diese Uhrzeit menschenleer. Es brauchte nur einen einzigen Schlag auf den Hinterkopf, und er ging in die Knie. Kein lautes Geräusch. Kein Tumult. Keine Zeugen. Ich wusste, dass er hier vorbeikäme, sobald er den Nachtclub verließ, denn ich hatte ihn zuvor dabei beobachtet, seine Gewohnheiten ausspioniert. Die Leute sind so dumm. Er ahnte nichts, selbst dann nicht, als ich auf ihn zuging, einen Schraubenschlüssel in der Hand. Sekunden später spritzte sein Blut aus einer Wunde an der Schläfe auf den Boden. Der Anfang war gemacht, und zwar höchst zufriedenstellend. Nachdem er in die Knie gegangen war, packte ich ihn unter den Achselhöhlen und schleifte ihn so schnell ich konnte über die Pflastersteine. Ich wollte ihn zwischen die Sträucher schaffen, damit wir nicht gesehen wurden. Ein schwieriges Unterfangen, aber ich bin stark, und es gelang mir, ihn durch eine Lücke zwischen zwei Lorbeersträuchern zu ziehen. Jetzt bin ich vor lauter Anstrengung außer Atem. Ich strecke die Hände aus, die Handflächen nach unten. Sie zittern leicht. Ich balle die Fäuste, dann öffne ich sie wieder. Beide Hände flattern jetzt wie Mottenflügel, genau wie mein Herz, das wie verrückt gegen meine Rippen schlägt. Ich unterdrücke ein Fluchen. Meine Aufgabe erfordert eine ruhige Hand. Ich muss das Zittern stoppen. Die Lösung dafür steckt in einer Seitentasche meines Rucksacks. Eine Schachtel Tabletten, eine kleine Flasche Wasser. Propranolol – der beliebteste Betablocker der Snooker-Spieler. Ich schlucke zwei Tabletten, schließe die Augen und warte darauf, dass sie Wirkung zeigen. Als ich das nächste Mal auf meine Hände blicke, ist das Zittern weg. Ich bin bereit zu beginnen. Ich hole tief Luft, greife in die Rucksacktasche und taste nach meiner Messerrolle. Ein Gefühl der Zufriedenheit breitet sich in mir aus, als ich das weiche Leder berühre und die Umrisse aus Stahl spüre, die sich darunter abzeichnen. Gestern Abend habe ich die Klingen mit großer Sorgfalt geschärft.

 

Anscheinend ahnte ich, dass heute der Tag kommen würde. Ich lege die Rolle auf den Rücken des Mannes und löse die Schnüre. Das Leder entrollt sich, leise klackert Metall auf Metall. Die Klingen fühlen sich kalt an unter meinen Fingerspitzen. Ich wähle das kurzklingige Messer für die ersten Schnitte aus, mit denen ich den Umriss des Hautstücks markiere, das entfernt werden soll. Für die anschließende Häutung werde ich ein Messer mit einer längeren, nach hinten gekrümmten Klinge verwenden. Ich kaufe diese Messer in Japan, sie kosten ein kleines Vermögen. Aber das ist es mir wert. Sie werden nach derselben Methode hergestellt wie Samurai-Schwerter. Gehärteter Stahl ermöglicht es mir, schnell und präzise zu schneiden, als würde ich Skulpturen aus gefrorener Butter schnitzen. Ich lege die restlichen Messer auf den Boden neben seinen Körper und fühle erneut seinen Puls. Noch schwächer als zuvor, aber er ist noch am Leben. Blut sickert aus seinem Kopf, langsamer jetzt. Zeit für einen kurzen, tiefen Testschnitt in seinen linken Oberschenkel. Er zuckt nicht zusammen oder schnappt nach Luft. Keine Regung, außer dem beständigen Sickern des dunklen, glitschigen Blutes. Gut. Er darf sich auf keinen Fall bewegen, während ich schneide. Der Moment ist gekommen. Mit einer Hand straffe ich seine Haut, dann setze ich zum ersten Schnitt an. Zügig ziehe ich die Klinge von der Schulter über die vorstehenden Kanten seiner Schulterblätter, den Umrissen des Motivs folgend. Ein roter Streifen folgt meiner Klinge, warm läuft das Blut auf meine Finger. Ich halte den Atem an, während sich das Messer seinen Weg bahnt, genieße den Schauder, der mir das Rückgrat entlangläuft, spüre die Erregung, die mich durchfließt. Der Mann wird tot sein, wenn ich fertig bin. Er ist nicht der Erste. Und er wird auch nicht der Letzte sein.

 

1 Marni Die Nadeln durchstachen die Haut schneller, als das Auge es mitverfolgen konnte, brachten dunkle Tinte in die Dermis ein und hinterließen blühende blutige Rosen auf der Oberfläche. Marni Mullins wischte die kleinen Tropfen alle paar Sekunden mit einem zusammengefalteten Küchenpapier ab, damit sie die Umrisse auf dem Arm ihres Kunden sehen konnte. Ein Tupfer Vaseline, dann bohrten sich die spitzen Nadeln erneut ins Fleisch und schufen eine weitere schwarze Linie, die für immer bleiben würde. Die Alchemie von Haut und Tinte. In ihrer Arbeit fand Marni Zuflucht, das Summen und die leichte Vibration des Tätowiereisens in ihrer Hand beruhigten sie. So konnte sie vorübergehend den Erinnerungen entkommen, die sie plagten, den Dingen, die sie niemals vergessen würde. Schwarz und rot. Das Zeichen, das sie in die nachgebende Haut stach. Ihr Kunde zuckte zusammen unter dem Druck der Nadelköpfe, obwohl Marni mit ihrer Wischhand seinen Arm festhielt. Sie kannte den Schmerz, unter dem er litt, nur allzu gut. Hatte sie nicht selbst viel zu viele Stunden die Nadeln der Tätowiermaschine ertragen? Sie fühlte mit ihm, aber das war nun mal der Preis, den man zahlen musste – ein Augenblick des Schmerzes für etwas, was ein Leben lang halten würde.

 

Etwas, was einem niemand mehr wegnehmen konnte. Sie strich sich mit dem Unterarm eine dunkle Locke aus der Stirn und fluchte leise, als sie ihr erneut über die Augen fiel. Mit geschürzten Lippen blies sie die Haare zur Seite und tauchte das mit sieben Nadeln bestückte Modul in einen kleinen Becher Wasser, um die Farbe der Tinte von Schwarz zu Schiefergrau zu ändern. »Marni?« »Ja. Wie geht’s, Steve?« Er lag mit dem Gesicht nach unten auf ihrer Massagebank. Jetzt drehte er den Kopf zu ihr, blinzelte und schnitt eine Grimasse. »Können wir eine Pause machen?« Marni warf einen Blick auf die Uhr. Sie arbeitete seit drei Stunden durchgehend an ihm. Plötzlich spürte sie die Spannung, die sich in ihren Schultern aufgebaut hatte. »Klar, sicher doch.« Drei Stunden waren eine lange Sitzung, selbst für einen Stammkunden wie Steve. »Du steckst das weg wie ein Profi«, fügte sie hinzu und legte die Tätowiermaschine zu den anderen Utensilien auf eine Ablage neben ihrem Stuhl. Diese Worte sagte sie immer zu ihren Klienten, ganz gleich, ob sie tatsächlich durchhielten wie ein Profi oder nicht – was Steve mit seiner Zappelei und Stöhnerei ganz bestimmt nicht tat. Aber sie brauchte ebenfalls eine Pause, denn langsam, aber sicher fing sie an, sich klaustrophobisch zu fühlen. Das war immer so bei Tattoo-Messen – Hallen mit Kunstlicht, abgestandener Luft und lärmigen Menschenmassen. Da es keine Fenster gab, konnte man nicht sagen, ob es draußen hell war oder dunkel, und Marni musste den Himmel sehen, ganz gleich, wo sie war.

 

Hier drinnen war es heiß und stickig, die Halle gesteckt voll mit tätowierten Menschen und Horden von Voyeuren, die die Künstler bei der Arbeit begafften. Das Ganze wurde untermalt von plärrender Rockmusik und dem kontinuierlichen Surren der Tätowiereisen auf blutiger Haut. Sie holte tief Luft und ließ den Kopf kreisen, um die Spannungen in ihrem Nacken zu mildern. Der scharfe Geruch nach Tinte, vermischt mit Blut und Desinfektionsmitteln, hing in der Luft. Sie streifte die schwarzen Latexhandschuhe ab und schleuderte sie in einen Müllsack. Steve streckte sich, spannte und lockerte die Armmuskeln, dann ballte er die Faust und streckte die Finger wieder, damit das Blut zirkulierte. Er war blasser als zu Beginn ihrer Sitzung. »Zieh los und hol dir etwas zu essen. In einer halben Stunde geht’s weiter.« Marni wickelte das blutige Motiv rasch in Frischhaltefolie ein, dann deutete sie in Richtung Cafeteria. Als Steve weg war, drängte sie sich durch eine Gruppe von Leuten zur Treppe, um ins Erdgeschoss zu gelangen und durch den Notausgang ins Freie zu stürmen. Draußen zog sie tief die kalte Luft in ihre Lunge und stellte fest, dass sie sich keinen Augenblick zu früh davongemacht hatte. Den Rücken gegen die kühle Betonwand gelehnt, schloss sie die Augen und konzentrierte sich darauf, den Druck zu mindern und die Last sowohl der Menschen als auch des Gebäudes loszuwerden. Sie öffnete die Augen und blinzelte. Das gleißende Kunstlicht in der Halle wurde nun ersetzt durch strahlenden Sonnenschein. Möwen kreisten laut kreischend am Himmel, weiter unten, am Ende der menschenleeren Seitenstraße, schimmerte einladend ein Scheibchen Meer.

Marni kostete die salzige Luft, dann drückte sie den Rücken durch, bis es schmerzte. Die Knochen knackten und knirschten, als sie die Schultern kreisen ließ. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie nicht langsam zu alt fürs Tätowieren wurde. Aber es gab nichts anderes, was sie tun konnte  – und ehrlich gesagt, wollte sie auch gar nichts anderes tun. Seit sie achtzehn war, übte sie sich in dieser Kunst – neunzehn lange Jahre, in denen sie Tausende Quadratmeter Haut tätowiert hatte. Sie schob die Hand in ihre Tasche, um sich zu vergewissern, dass sie ihre Zigaretten bei sich hatte, dann setzte sie sich in Bewegung und schlenderte durch das Gewirr der schmalen Gassen, das die Brighton Lanes bildete. Es war ein langes Wochenende, da der Montag auf einen Feiertag fiel, und die Touristen drängten sich in den Gassen wie die Elstern, angezogen von den Läden mit Vintage-Schmuck und Antiquitäten, wenn sie nicht gerade in den Chichi-Boutiquen nach dem perfekten Hochzeitsoutfit oder den perfekten Budapestern suchten. All ihre Lieblingscafés waren hoffnungslos überfüllt, aber das war ihr egal. Heute würde sie ihren Koffeinschuss unter freiem Himmel zu sich nehmen, deshalb bog sie von den Lanes in die North Street ein und ging zu dem Café in den Pavilion Gardens. Vor der Ausgabe stand eine lange Schlange, was bedeutete, dass sie wahrscheinlich zu spät zu Steve zurückkehren würde, aber ein paar zusätzliche Minuten an der frischen Luft waren es ihr wert. Sie blickte zum Himmel hinauf. Blassblau. Nicht das strahlende Azur eines Sommertags, sondern ein sanftes Lavendel, aufgelockert durch sich auflösende Wolkenfetzen, die am diesig grauen Horizont mit dem Meer verschmolzen.

 

Perfekt für ein verlängertes Wochenende im Frühling. »Was darf ’s sein?« »Einen doppelten Verlängerten, schwarz, bitte.« »Kommt sofort.« »Und einen Muffin«, fügte sie nach kurzem Überlegen hinzu. Niedriger Blutzucker. Nicht gerade die beste Wahl für eine Diabetikerin, aber sie konnte ihr Insulin später entsprechend dosieren. Aus dem Royal Pavilion strömten plaudernde Touristen, erstaunt über das, was sie drinnen gesehen hatten. Der Pavilion war ein Disney-Palast, erbaut während der Regentschaftszeit – ein Bauwerk wie eine Hochzeitstorte mit Zwiebelkuppeln, spitzen Türmen und cremefarbenem Stuck, das Marni stets an Scheherazade und Tausendundeine Nacht denken ließ. Sie hatte sich gleich an ihrem allerersten Tag in Brighton in diesen Ort verliebt. Seufzend sah sie sich nach einem Sitzplatz um. Sämtliche Bänke waren besetzt, die Leute streckten sich auf den Rasenflächen aus, aßen und tranken, lachten oder lagen friedlich in der Sonne. Dann sah sie ihn, und ihr Magen zog sich zusammen. Hastig drehte sie sich zur Ausgabe um und hoffte, dass er sie nicht gesehen hatte. Sie war heute Morgen nicht in der Stimmung für einen Zusammenstoß mit ihrem Ehemann. Ihrem Ex-Ehemann, um genau zu sein. Eine solche Begegnung war im günstigsten Fall unberechenbar, auf alle Fälle aber eine Herausforderung hinsichtlich der gemischten Gefühle, die er in ihr hervorrief. Sie hatten geheiratet, als sie achtzehn war, und sich vor zwölf Jahren getrennt, doch es verging kein einziger Tag, an dem sie nicht an ihn dachte. Ihre gemeinsame Elternschaft verkomplizierte die Beziehung, auf die am ehesten die Bezeichnung »Hassliebe« passte.

 

Sie riskierte einen verstohlenen Blick und sah, wie Thierry Mullins mit großen Schritten den Rasen überquerte. Ein aufgebrachter Ausdruck verfinsterte seine Züge. Was machte er hier draußen? Er sollte doch in der Messehalle sein  – immerhin gehörte er dem Organisatorenteam der Brighton Tattoo Convention an. »Zwei Pfund vierzig, bitte.« Marni bezahlte ihren Kaffee, nahm den Pappbecher und schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch zur gegenüberliegenden Seite des Gartencafés, damit Thierry sie nicht entdeckte. Ihre Hände zitterten vor Adrenalin, als sie sich eine Zigarette anzündete. Wieso übte er noch immer eine solche Wirkung auf sie aus? Sie waren schon länger geschieden, als sie verheiratet gewesen waren, aber er sah immer noch genauso aus wie damals, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war. Groß und schlank mit einem aparten Gesicht, die dunkle Haut noch dunkler durch die Tattoos, die ihre lebenslange Faszination für diese lebenden Kunstwerke ausgelöst hatten. Sosehr sie sich bemühte, ihm aus dem Weg zu gehen, sosehr fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Bei mehreren Gelegenheiten wären sie beinahe wieder zusammengekommen, doch dann hatte ihr Selbsterhaltungstrieb sie zurückgehalten. Aber die Beziehung hinter sich lassen? Sie hatte die Hoffnung nie aufgegeben. Marni zog an ihrer Zigarette und inhalierte tief. Koffein, Nikotin, tief durchatmen. Mit geschlossenen Augen wartete sie darauf, dass die chemischen Substanzen ihre Wirkung entfalteten. Nach einer Weile ließ sie den Zigarettenstummel in den Bodensatz ihres Kaffees fallen und sah sich nach einem Mülleimer um.

 

Ein Stück abseits des bestuhlten Bereichs, hinter dem Café, entdeckte sie einen grünen Plastikcontainer. Sie ging darauf zu und trat mit dem Fuß auf das Pedal, um den Deckel zu heben. Als sie den Becher hineinwarf, schlug ihr ein überwältigender fauliger Gestank entgegen. Ein Gestank, der sehr viel stechender war als der übliche unangenehme Geruch eines Mülleimers in einem öffentlichen Park an einem milden Tag. Galle stieg ihr in der Kehle auf, als sie in das dunkle Innere des Containers spähte und sich augenblicklich wünschte, sie hätte es nicht getan. Zwischen zerdrückten Coladosen, ausrangierten Zeitungen und Fastfood-Verpackungen konnte sie etwas sehen. Bleiche Umrisse, die sich prompt in einen Arm, ein Bein, einen Torso verwandelten. Ein menschlicher Körper, zweifelsohne tot. Fassungslos starrte sie in den Container. Auf einmal bemerkte sie eine hektische Bewegung – eine Ratte, die am Rand einer schwarzen Wunde nagte. Gestört von dem plötzlichen hellen Tageslicht, verschwand sie mit einem Quieken zwischen dem Müll. Marni sprang zurück, der Deckel knallte auf den Container. So schnell sie konnte, floh sie aus den Pavilion Gardens.

 

 

 

 

 

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