Löwenzahnkind
 
 
Kurzbeschreibung
Sie ist Stockholms beste Ermittlerin – doch sie hat Leichen im Keller ...
 
Gullspång, eine Kleinstadt in Westschweden. Als in einer heißen Sommernacht die siebzehnjährige Annabelle spurlos verschwindet, ist schnell klar, dass Verstärkung angefordert werden muss. Mit Charlie Lager schickt die Stockholmer Polizei ihre fähigste Ermittlerin – doch was die Kollegen nicht wissen dürfen: Die brillante Kommissarin ist selbst in Gullspång aufgewachsen. Je tiefer Charlie nach der Wahrheit hinter Annabelles Verschwinden gräbt, desto mehr droht das Netz aus Lügen zu reißen, das sie um ihre eigene, dunkle Vergangenheit gesponnen hat. Doch die Zeit drängt – sie muss Annabelle finden, bevor es für sie beide zu spät ist …
 
 
Pressestimmen
 
»Ein Weltbestseller!« (Sunday Times)
 
»Erstklassig!« (CRIME TIME)
 
»Ein brillanter Krimi mit einer Kommissarin der Extraklasse – unvergesslich wie eine schwedische Mittsommernacht.« (Dagens Nyheter)
 
»Ein fesselnder Pageturner und das faszinierende Portrait einer Kleinstadt. Lina Bengtsdotter ist Schwedens neue Krimikönigin!« (Aus der Begründung der Jury für das Beste schwedische Debüt 2017)
 
»Ein großartiges Debüt – Lina Bengtsdotter hat die Chance, zu einer wichtigen Stimme unter den skandinavischen Krimiautoren zu werden.« (Dziennik Zachodni (PL))
 
»Eine rasante Story voller unvorhergesehener, schockierender Wendungen – Schweden hat ein neue Krimisensation!« (Dagbladet (NO))
 
 
 
 
Die siebzehnjährige Annabelle wird vermisst und  Charlie Lager wird mit ihrem Team nach Gullspang geschickt.
Was keiner weiß ist das Charlie aus dem Ort kommt und keine guten Erinnerungen an den Ort hat.
Außerdem macht ihr Alkoholproblem die Sache nicht einfacher.
 
Nach außen scheint Charlie eine fast Perfekte Person zu sein,wen man aber etwas weiter geht sieht man das sich dann doch Abgründe auftun.
 
Nachdem Charlie sich aber nun selber ihrer Vergangenheit stellt kommt sie auch dem verschwinden von Annabelle auf die Spur.
 
Die Story wird aus drei Ansichten erzählt einmal geht es um das verschwinden von Annabelle und dann aus der Vergangenheit und den aktuellen Ermittlungen von Charlie und die dritte Ansicht ist aus einer erstmal geheimen Person.
 
Die Geschichte liest sich flüssig und fängt auch schon auf den ersten Seiten an Spannend zu werden und ich muss auch sagen ich war sofort gefesselt von dem Buch.
 
Auch merkt man das die Autorin aus dem Ort kommt  den sie beschreibt alles wirklich super so das man es selber alles gut vor Augen hat.Auch gab es in ihrer Jugend tatsächlich ein Fall wo ein Mädchen aus dem Nachbarort verschwunden ist. Dieses bis heute ungeklärte Rätsel hat auch einen großen Einfluss auf diese Story,den Lina Bengtsdotter inspirierte dieser Fall,all das Aufzuschreiben.
 
 
Das Ende war dann doch sehr Plötzlich und man hat so schnell dann nicht damit gerechnet und mit der Auflösung so hab ich auch nicht gerechnet.
 
Das Buch macht jedenfalls Neugierig auf die nächsten Bücher.
 
Wärend ich das Buch gelesen habe,hab ich mich die ganze Zeit gefragt warum es eigentlich Löwenzahnkind heißt.
 
Nachdem ich nun genauer Nachgelesen habe gibt es bei den Entwicklungspsychologen zwei Arten von Kindern einmal die Orchideenkinder und die Löwenzahnkinder.
 
Löwenzahnkinder
 
Löwenzahnkinder,zu ihnen zählen Wissenschaftlern zufolge die meisten Kinder: Sie schlagen Wurzeln - ganz gleich wo sie wachsen. Sie halten den gegebenen Umständen stand und überleben tapfer - ganz gleich ob zwischen Beton oder in der tiefsten Wildnis, ob bei Sturm, Regen oder Sonnenschein. Ein Löwenzahn passt sich an, kämpft sich durch.
 
Mit dieser Lebensart bekommt der Löwenzahn zwar weniger Schäden ab. Allerdings erfreut er sich auch weniger an positiven Erlebnissen und Umständen.
 
Während Orchideenkinder am besten in einer behüteten Umgebung aufwachsen, sind Löwenzahnkinder flexibler. Während die Psyche der Orchideenkinder viel mehr von ihrem Umfeld abhängt, sind Löwenzahnkinder psychisch belastbarer.
 
 
Und so wird auch die Charlie in dem Buch beschrieben.
 
Charlie ist eine sehr komplexe Person. Sie ist stark und schwach, intelligent und destruktiv zugleich. Sie ist kontrolliert, was ihre Arbeit angeht, aber ihr Privatleben gerät manchmal außer Kontrolle. Sie lässt sich nie auf eine ernsthafte Beziehung ein, weil sie vermeiden will, dass ihr jemand näherkommt. Charlie leidet unter einem Kindheitstrauma und hat Probleme damit, dem Alkohol fernzubleiben – und einem Medikament gegen ihre Angststörungen. Ihre größte Angst ist es, wie ihre Mutter zu werden, die psychologische Probleme hatte und Alkohol zur Selbstheilung nutzte.
 
 
 
Leseprobe
 
Jene Nacht
 
Nebel stieg über den Wiesen auf, Grillen zirpten am
Wegesrand. Das Mädchen wankte den Schotterweg entlang. Zwischen ihren Beinen pochte es, etwas floss aus ihr
heraus. Sie hätte weinen sollen, doch die Tränen wollten
nicht kommen.
Wie spät war es? Elf? Zwölf? Sie holte ihr Handy aus
der Tasche. Fast halb eins. Mama würde ausflippen. Sie
würde sie in der Haustür abpassen, an den Schultern
packen und schütteln und sie anbrüllen, wo sie gewesen
sei. Dann würde sie die Kratzer sehen, das Blut, das zerrissene Kleid. Wie sollte sie das nur erklären?
Sie war so in Gedanken versunken, dass sie die Gestalt
vor sich erst bemerkte, als diese nur noch wenige Meter
entfernt war. Zuerst schrie sie laut, doch als sie das Gesicht erkannte, atmete sie erleichtert auf.
»Ach, du bist es«, sagte sie undeutlich. »Du hast mich
beinahe zu Tode erschreckt.«
 
 
 
Kapitel Eins
 
 
Es war Anfang Juni, und nachts wurde es nicht mehr
richtig dunkel. Fredrik Roos saß im Auto und blickte
über die nebligen Wiesen. Er wusste, dass Annabelle
hier gerne den Weg abkürzte, dass sie bereits ihre eigenen Trampelpfade im hohen Gras angelegt hatte. Nora
hatte ihr natürlich verboten, sich nachts dort herumzutreiben, aber Fredrik wusste, dass sie es trotzdem tat, und
er hatte Verständnis dafür. Bei Noras strengen Ausgangsregeln war jede Minute wertvoll. Er hoffte, dass seine
Tochter bald durch das hohe Gras auf ihn zukommen
würde, in dem dünnen blauen Kleid, das sie aus dem
Schrank ihrer Mutter genommen hatte. Nora hatte sich
fürchterlich aufgeregt, als sie es entdeckt hatte. Er dachte
an seine Frau, ihre aufbrausende Natur und die innere
Unruhe. Sie war schon immer labil und ängstlich gewesen. Als sie sich kennengelernt hatten, war es irgendwie
faszinierend gewesen, wie sie aus ganz alltäglichen Ereignissen wahre Horrorszenarien entwickelte. Doch mit
den Jahren war die Faszination gewichen, Irritation und
Ärger hatten ihren Platz eingenommen. Als er jetzt im
Auto saß, wieder einmal von Nora ausgeschickt, um
Annabelle nach Hause zu holen, merkte er, dass er bald
keine Kraft mehr hatte.
Man kann sie nicht vor allem beschützen, sagte er
 
immer wieder, auch wenn er wusste, dass Nora nichts
mehr auf die Palme brachte. Dass man sie nicht vor allem
beschützen konnte, war schließlich kein Argument dafür,
es nicht wenigstens zu versuchen. Das Problem war nur,
dass sie unterschiedlicher Auffassung waren, wie weit sie
dabei gehen sollten. Fredrik fand es in Ordnung, wenn
Annabelle allein von ihren Freunden nach Hause ging,
selbst nachts. Er hielt nichts davon, dass sie ständig anrufen und Bescheid geben sollte, falls sich ihre Pläne spontan änderten. In seiner Jugend war er gekommen und
gegangen, wie er wollte. Er wäre wahnsinnig geworden,
hätte jemand versucht, ihn so zu kontrollieren, wie Nora
es mit Annabelle tat. Kein Wunder, dass Annabelle gegen
ihre Regeln aufbegehrte. Nicht die lockeren Zügel sind
das Problem, dachte Fredrik, sondern Noras extremes
Kontrollbedürfnis.
Das Gebäude, das einmal einen Dorfladen beherbergt
hatte, lag auf der anderen Seite des Ortes. Es stand seit
Jahren leer und wurde als Treffpunkt von den Jugendlichen der Gegend genutzt. Fredrik wusste, dass viele Einwohner dafür waren, das alte Haus abzureißen. Er selbst
hatte bei einer dieser Unterschriftenaktionen unterzeichnet, wenn auch nur wegen des äußeren Scheins. Ihm war
klar, dass die Jugendlichen zum Feiern einfach irgendwo
anders hinziehen würden, wenn das Gebäude abgerissen
wurde. Wahrscheinlich noch weiter außerhalb.
Er parkte vor dem Eingang. Im großen Schaufenster
klebten immer noch alte Titelblätter. Ein dumpfer Bass
dröhnte aus dem Haus. Fredrik nahm das Handy, um
Nora anzurufen und zu fragen, ob Annabelle in der Zwischenzeit nach Hause gekommen war. Er hatte keine Lust,
 
in eine Teenagerparty zu platzen, wenn es sich vermeiden
ließ. Er tippte gerade ihre Nummer, als Nora ihn anrief
und fragte, ob er schon dort sei.
»Ich bin gerade angekommen.«
»Ist sie da?«
»Ich bin eben erst aus dem Auto gestiegen.«
»Dann geh schon rein.«
»Bin auf dem Weg.«
Die verwilderten Beete entlang der Hausfassade waren
voller Bierdosen, Zigarettenkippen und Flaschen. Er ging
durch die Tür in den großen Raum, in dem sich früher
das Geschäft befunden hatte. Ein Geruch nach Verlassenheit schlug ihm entgegen. Eine Weile stand er da und
betrachtete den schmutzigen Boden, den Tresen mit der
alten Registrierkasse und die leeren Regale an den Wänden. Über ihm hämmerte der Bass. Er ging zu der Tür, die
zu der Wohnung über dem Laden führte. Abgeschlossen.
Er ging wieder nach draußen und auf die Rückseite des
Hauses. Auf der Veranda an der Schmalseite des Gebäudes schlief ein Junge mit der Hand unter dem Hosenbund.
Fredrik musste über ihn hinwegsteigen, um zur Hintertür
zu gelangen.
Im Flur roch es süßlich. Er folgte der Musik eine lange,
geschwungene Treppe hinauf. Ebba Grön, »800°«, das
kannte er noch.
Warme Kleider und trotzdem Gänsehaut.
Kein Wunder, ich seh um mich rum nur Idioten.
Achthundert Grad, du kannst mir vertrauen, du
kannst mir vertrauen.
Fredrik sah gerade noch rechtzeitig zu Boden, um zu merken, dass die nächste Treppenstufe fehlte. Dass hier noch
 
keiner zu Tode gestürzt war, dachte er, während er bis
zum Treppenabsatz weiterging.
Zwei Jungen saßen in der Küche an einem dunklen
Holztisch, der von Aschenbechern, Flaschen, Dosen und
Zigarettenpackungen überquoll. Einer hackte ununterbrochen mit einem kleinen Messer auf die Tischplatte ein.
Fredrik hatte die beiden schon mal gesehen, hatte aber
keine Namen parat. Sie mussten älter sein als Annabelle,
sonst hätte er es gewusst. Sie bemerkten ihn erst, als er
direkt vor ihnen stand.
»Hallo!«, rief er dem zu, der die Tischplatte mit dem
Messer malträtierte, und erkannte im gleichen Augenblick, dass es sich um den Sohn des Sperrholzfabrikanten
handelte. Svante Linder.
»Hey, setz dich und nimm dir was zu trinken!«, brüllte
dieser zurück. »Und schau ein bisschen fröhlicher, bei der
geilen Party hier. Die anderen haben schon alle aufgegeben, aber wir halten durch, bis die Sonne aufgeht.«
»Das ist sie schon längst, Svante«, meinte der Junge
neben ihm lachend und klopfte gegen das schmutzige Küchenfenster. »Ich glaube, die ist gar nicht untergegangen.«
»Ist Annabelle hier?«, fragte Fredrik.
»Annabelle?« Die jungen Männer sahen einander an.
Svante grinste, wobei der Tabakpfropfen unter seiner
Oberlippe sichtbar wurde, und sagte, er wisse ja, dass Annabelle auf alte Knacker stünde, aber dass sie jetzt auch
nicht übertreiben müsse. »Du könntest ihr Vater sein,
verdammt noch mal.«
»Ich bin ihr Vater«, erwiderte Fredrik und trat näher
an den Tisch heran mit dem kaum zu unterdrückenden
Bedürfnis, diesem abfällig grinsenden Kerl eine reinzuhauen.
 
Die beiden starrten ihn an.
»Oh, shit«, meinte Svante. »Sie sind das.« Er trat gegen
einen freien Stuhl am Tisch und entschuldigte sich hastig. Er hatte doch nicht andeuten wollen … er hatte ihn
nur nicht erkannt. Sie hatten ein paar Bier zu viel. »Und
dann diese verdammte Hitze, man verdurstet ja geradezu.
Gib dem Mann was zu trinken, Jonas«, sagte Svante und
nickte dem Jungen zu, der ihm gegenübersaß. »Was ordentlich Starkes. Los, beweg dich, Jonte.«
»Ich möchte nichts trinken«, antwortete Fredrik. »Ich
will nur wissen, wo meine Tochter ist. Habt ihr sie gesehen?«
»Es waren so viele Leute hier«, erwiderte Svante.
»Und wir haben ganz schön gefeiert, um es mal so zu
sagen. Wir haben um sieben Uhr angefangen, deshalb
sind die anderen schon umgekippt. Aber sie war hier,
auch wenn ich glaube, dass sie schon gegangen ist. Oben
sind noch ein paar«, er deutete Richtung Zimmerdecke.
»Da würde ich mal nachfragen. Über uns sind noch mehr
Stockwerke«, rief er Fredrik nach, als dieser zur Treppe
ging.
Je höher Fredrik kam, desto lauter wurde die Musik.
Im nächsten Stockwerk war ein langer Flur. An einer
Wand stand ein Aquarium. Als er näher kam, sah er eine
Schildkröte im Wasser herumpaddeln, das voller Zigarettenstummel war. Wer macht so etwas?, dachte er. Kippen
in ein Aquarium werfen, in dem eine Schildkröte lebt?
Von dem Flur ging ein Wohnzimmer mit grünen
Plüschsofas voller Brandlöcher ab. Auf einem davon lag
ein junges Mädchen mit zerzaustem Haar. Fredrik dachte,
sie schliefe, doch als er zu ihr ging, sah er ihre weit aufgerissenen Augen.
 
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Total super«, flüsterte das Mädchen. »Danke, dass du
fragst.« Dann lachte sie auf einmal und wedelte mit den
Händen. Die hat garantiert mehr als nur Alkohol intus,
dachte Fredrik. Vielleicht sollte er sie nach ihrem Namen
fragen und sie nach Hause bringen. Sobald er Annabelle
gefunden hatte, würde er genau das machen, beschloss er.
Wir erfrieren, es ist so kalt. Armes Kind, bald wird es
warm.
Die Stereoanlage stand im nächsten Zimmer. Die
Musik war ohrenbetäubend laut. Fredrik drehte die Lautstärke herunter. Dann ging er weiter, öffnete eine Tür
nach der anderen, doch die anderen Räume auf diesem
Stockwerk waren leer. Schließlich landete er in einer kleinen Diele, von der eine schmale Treppe weiter nach oben
führte. Wie hoch war dieses Gemäuer eigentlich? Hörte
es denn gar nicht auf?
Ganz oben waren zwei Türen. Die linke war verschlossen, die rechte ging auf, als Fredrik die Klinke herunterdrückte.
Das Fenster stand offen, und eine schmutzige Gardine
wehte im Wind. Auf dem Bett in der Mitte des Raumes
bewegte sich jemand rhythmisch unter einer Decke.
»Annabelle?«, fragte Fredrik. »Bist du hier?«
»Was zum Teufel?« Ein Junge blickte am Fußende des
Bettes unter der Decke hervor. »Hau ab, du perverser
Sack«, rief er. »Verpiss dich!«
»Ich suche nach meiner Tochter. Ist Annabelle zufällig
hier?« Fredrik sah, wie der Junge bei dem Namen zusammenzuckte.
»Nein. Keine Ahnung, wo sie ist.«
»Und wer ist da mit dir unter der Decke?«
 
»Rebecka«, antwortete der Junge. »Zeig, dass du es
bist.«
»Ich bin es«, bestätigte Rebecka unter der Decke. »Ich
weiß nicht, wo Annabelle ist. Sie hat gesagt, sie wollte
nach Hause gehen.«
»Ich dachte, sie wäre bei dir«, meinte Fredrik. »Nora
hat gesagt, ihr wolltet euch bei dir einen Film ansehen.«
»Haben wir auch«, rechtfertigte sich Rebecka, »aber
dann hat sich was anderes ergeben.«
»Wann ist sie gegangen?«
»Ich weiß nicht genau. Wir haben ganz schön viel gekippt, und Annabelle … Sie war ordentlich betrunken.«
»Entschuldigung!«, rief Rebecka hinter Fredrik her,
als der aus dem Raum stürmte. »Ich hätte mit ihr nach
Hause gehen sollen, aber …«
»Sie ist nicht hier, oder?« Svante stand vor der Tür.
»Nein. Rebecka hat es mir gerade gesagt.«
»Als ob die den Überblick hätte.«
»Was ist hinter dieser Tür?«, fragte Fredrik und deutete darauf.
»Da drin ist sie nicht, so viel ist sicher.«
»Wie kannst du das so genau wissen?«
»Weil«, antwortete Svante, »nur ich einen Schlüssel zu
dieser Tür habe.«
»Dann könntest du doch kurz aufschließen.«
»Das würde ich echt gern. Aber blöderweise habe ich
den Schlüssel verloren. Gestern. Deshalb weiß ich auch
genau, dass niemand in dem Zimmer ist. Brauchen Sie
Hilfe bei der Suche? Unten steht ein Lastenmofa, das ist
höllisch aufgemotzt, damit könnten wir …«
Fredrik blickte in Svantes große Augen. Irgendetwas
war seltsam daran. Er wollte wirklich nicht, dass dieser
 
Junge nach Annabelle suchte. In diesem Zustand stellte er
eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.
»Natürlich helfen wir Ihnen suchen«, fuhr Svante fort.
»Ich meine … Ich habe gehört, dass sie abends nicht so
lange weg darf und …«
Fredrik musterte das Gesicht des Jungen und dachte,
dass es stimmte, was er im Ort über den Fabrikantensohn
gehört hatte – dass er ein unsympathischer Mistkerl war.
Als Fredrik zum Auto zurückkam, sah er drei Anrufe in
Abwesenheit von Nora auf seinem Handy. Er rief sie an
und hoffte, dass Annabelle mittlerweile nach Hause gekommen war, doch am Klang der Stimme seiner Frau
hörte er, dass dem nicht so war.
»Bist du noch im alten Dorfladen?«, fragte sie und
sprach gleich weiter: »Ist sie dort?«
»Nein«, antwortete Fredrik. »Sie war nicht dort.«
»Aber wo ist sie dann?«
»Das weiß ich nicht.«
»Fahr bei Rebecka vorbei.«
»Rebecka ist im Dorfladen«, erwiderte Fredrik. »Beruhig
dich«, sagte er, als Nora zu weinen begann. »Sie ist sicher
auf dem Weg. Ich suche auf der Straße nach ihr.«
»Bring sie nach Hause«, sagte Nora flehend. »Bring sie
verdammt noch mal nach Hause, Fredrik.«

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