Staub zu Staub

 

                                                   

 

Der Krieg hat ihn gebrochen. Seine große Liebe hat man ihm genommen. Jetzt ist es an ihm, ein großes Unrecht aufzuklären.

Niederlande, 1949: Der ehemalige Widerstandskämpfer Siem Coburg lebt nach dem Krieg und dem tragischen Verlust seiner großen Liebe zurückgezogen und als gebrochener Mann auf einem Hausboot. Erst als ihn der alte Bauer Tammens bittet, den Tod seines Enkels aufzuklären, kehrt Coburg in die Stadt zurück. Der siebzehnjährige Siebold starb unter mysteriösen Umständen in einem katholischen Heim für geistig behinderte Kinder, und sein Großvater ist sicher, dass mehr dahintersteckt, als die Heimleiter ihn glauben machen wollen. Während Coburg immer tiefer in die Vergangenheit des Heims eintaucht, muss er feststellen, dass Siebold nicht der einzige Schutzbefohlene mit ungeklärter Todesursache ist …

 

Der aus den Niederlanden kommende Siem Coburg lebt sehr zurückgezogen, Im 2ten Weltkrieg hat er gegen die Nationalsozialisten gearbeitet, Seine große Liebe Rosa war in einer Untergrundaktion in eine Falle geraten und dabei erschossen worden.

Den tot hat er nie verkraftet und lebt seitdem alleine auf einem Hausboot und hat jede Motivation verloren und ist deprimiert.

Bis eines Tages der Bauer Tamme ihn um einen gefallen bittet den sein Enkel Siebold der geistig behindert ist wurde tot aufgefunden in einem Katholischen Heim.

Tamme glaubt aber nicht an einen Normalen Tot,

Siebold hat Coburg damals das Leben gerettet da er ihn auf dem Hof Coburg Unterschlupf gewährt hat.

 

So entschließt sich Coburg den Anschuldigungen von Tamme nachzugehen und findet raus das Siebold nicht das einzige Opfer in dem Heim ist.

Coburg tarnt sich als Journalist und nimmt die Recherche auf. Aber er kommt nur Schleppend voran da alle Mauern aus Angst.

 

An sich ist das ein Interessantes Buch nur die Geschichte um den Toten Enkel Siebold rückt eher in den Hintergrund. Im Vordergrund ist da eher die Zeit 1949 in den Vordergrund rückt.

Ich habe das Buch an sich auch noch nicht zu Ende gelesen da es eben nicht so das ist was im Klappentext steht aber ich werde es nochmals versuchen. Da ich sagen muss das es sich eher um eine Vergangenheit Bewältigung geht als um den Tot des Jungen.


Leseprobe


Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 1946 Der Regen, der früher an diesem Abend so heftig auf das Holzdeck geprasselt war, dass Coburg kurz befürchtet hatte, der Lärm werde das Radio übertönen, hatte aufgehört. Übrig blieb nur ein Trommeln, mit immer größeren Zwischenpausen; die Tropfen fielen auf das Stahlbrett vor dem geöffneten Bullauge. Anfangs hatte das Radio noch geknistert, aber nach Mitternacht drang die Stimme des BBC-Berichterstatters so deutlich zu ihm durch, dass gleich bestimmt jedes Geräusch zu hören sein würde. Er hatte den Apparat vom Regal genommen und vor sich auf den Tisch gestellt. Bis auf das phosphorgrüne Licht hinter dem Sendersuchlauf war es dunkel in der Kajüte. Während er auf das wartete, was nun kommen würde, rauchte er eine Zigarette nach der anderen. Dank der Beschreibung des Berichterstatters sah er den Raum vor sich, in dem sich der letzte Akt abspielen würde: eine Turnhalle von etwa zehn mal dreißig Metern, hoch genug, dass die Geräusche einen Hall erzeugen würden. Drei schwarze Schafotte, der untere Teil mit Holz verkleidet, damit die baumelnden Körper den Blicken der Zuschauer entzogen wären, und auf der Rückseite ein Vorhang, hinter dem sie abgenommen werden konnten. Die Treppe mit ihren dreizehn Stufen, den Galgen, auch schwarz, die Schlinge über der Falltür. Gegenüber die Sitzplätze für Zeugen und Berichterstatter. Von den Galgen würden immer zwei im Wechsel gebraucht werden, der dritte diente als Reserve. Gleich auf dem Schafott die Verurteilten, der Henker und sein Gehilfe. Er kannte die Namen der Männer, die sterben würden, nicht aber die Reihenfolge ihrer Hinrichtung. 


Göring würde nicht dabei sein, denn er hatte ein paar Stunden zuvor Selbstmord begangen. Das Knistern und Rauschen verstummte, und die Stimme des Reporters sank in der Tonlage, als er beschrieb, wie der erste Mann erschien: von Ribbentrop, die Hände auf den Rücken gefesselt, zu beiden Seiten einen Bewacher. Er wurde aufgefordert, seinen Namen zu nennen, und danach bestieg er das Schafott. Seine letzten Worte, die Schlinge, die man ihm um den Hals legte, die schwarze Kapuze über seinem Kopf, die Fessel um seine Knöchel. Als es endlich so weit war, beugte sich Coburg noch näher zum Radio hin, die Augen geschlossen. Er hörte, wie die Luke aufklappte und gegen die Seitenwand schlug, wie das Seil ein Krachen und Knarren von sich gab, als die größtmögliche Spannung erreicht war. Eine tiefe Stille, danach Stimmengewirr, Hüsteln, Schritte: Keitel betrat den Raum. Dieselbe Abfolge, dieselben Geräusche. Als beide Männer hingen, gab es eine Pause. Mehr Lärm als zuvor, jemand erkundigte sich, ob geraucht werden dürfe. Danach erklärte man von Ribbentrop für tot. Das Seil wurde unmittelbar über seinem Kopf durchtrennt – für jeden Verurteilten eine neue Schlinge – und der Körper weggebracht. Coburg hatte weder eine Wanduhr noch eine Armbanduhr, schätzte jedoch, dass all das etwa eine halbe Stunde gedauert hatte. Als Nächster war Kaltenbrunner an der Reihe. Nachdem man ihn aufgehängt hatte, wurde Keitel für tot erklärt und weggebracht, nach ihm Rosenberg, dann Hans Frank, Wilhelm Frank, Frick und Streicher. Beim letzten Mann ging es schief. Nachdem er durch die Luke gefallen war, folgte keine Stille, sondern ein ersticktes Rumoren und das Schlagen des Körpers gegen die Wand. Nach einem kurzen Augenblick der Unentschlossenheit eilte der Henker nach unten, verschwand hinter dem Vorhang, und unmittelbar darauf war es still. Coburg stellte sich vor, wie sich der Henker an den Körper gehängt hatte, um Streicher wie vorgesehen ersticken zu lassen. 


»Verdammt noch mal«, fluchte er, als der Empfang unterbrochen wurde. Er drehte am Knopf, doch es war nichts mehr zu hören. »Verdammt noch mal, nicht jetzt.« Frustriert schlug er mit der flachen Hand auf die Schiffswand. Er versuchte es immer weiter, und nach einer gefühlten Ewigkeit hatte er wieder Empfang. Er wusste nicht, ob man Seyß-Inquart* inzwischen gehängt hatte, also blieb ihm nichts anderes übrig als zu warten und zu hoffen. Der nächste Kandidat war Jodl, und zum Schluss kam Seyß-Inquart, der Mann, der Rosas Tod befohlen hatte. Nun war er endlich an der Reihe. Noch angespannter lauschte Coburg jedem Geräusch, das Seyß-Inquart in seinem Todeskampf von sich geben würde. Der Mann wankte, sein Klumpfuß bereitete ihm Schwierigkeiten; er, der stets in kerzengerader, aufrechter Haltung zu seinen Zuhörern gesprochen hatte, musste gestützt werden, als er das Schafott bestieg. Coburg achtete kaum auf seine letzten Worte. Umso deutlicher hörte er das Aufklappen der sich öffnenden Luke, das sich spannende Seil, woraufhin dieselbe Stille folgte wie nach den anderen Hinrichtungen. Danach setzte das Stimmengewirr wieder ein, noch lauter diesmal, weil alles vorbei war. Der Reporter berichtete, wie Görings Leichnam auf einer Bahre hereingebracht und vor den Schafotten abgestellt wurde. Damit waren die Exekutionen vorüber. Die Zeugen und Berichterstatter verließen den Raum. Coburg stellte das Radio aus und saß minutenlang bewegungslos im Dunkeln. Schließlich stand er auf, stieg die Stufen hinauf, schob die Luke beiseite und setzte sich auf die oberste Stufe. So saß er da, genauso bewegungslos wie die Nacht, die so dunkel war, dass er nicht hätte sagen können, wo Wasser und Himmel ineinander übergingen. 



 

 

 

 

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